top of page
Suche
  • AutorenbildLajescha Dubler

Zeit den Fokus neu zu legen

Was kann ich dieser Welt zurückgeben?

Vor 1 Jahr haben Roger und ich den Song „Move the World“ veröffentlicht. Es war eine Kooperation mit ERF-Medien (Evangelischer Rundfunk), wo eine Freundin von uns arbeitet. Das Musikvideo wurde mehrheitlich in der Stadtkirche von St. Gallen gefilmt, wo Roger mit einem grossen Chor auftritt. Die Reaktionen auf diesen Song sind sehr spärlich ausgefallen. Die meisten aus unserem Umfeld reagierten kaum.


Heute Morgen hatte ich diesen Song vor Augen und überlegte mir kurz, ob ich das Video als Erinnerung posten sollte. Doch dann fragte ich mich im gleichen Moment: Ist das eine gute Idee? Damit provoziere ich doch nur meine Kolleginnen und Kollegen und Followers, die ein Problem mit der Kirche haben. Dieser kurze Gedankengang hat viele weitere Gedanken ausgelöst, die ich gerne mit euch teilen möchte. Der Song „Move the world“ hat nämlich einen Text, der auch ein Jahr später so treffend ist. Wenn dich dieser Abschnitt nicht interessiert, kannst du gerne weiter runter scrollen, da sage ich noch ein paar Sachen zur Kirche. Aber ich hoffe, du liest auch die nächsten Zeilen.


Die erste Strophe des Songs lautet:


This is a change in everything we know (Wir stehen vor einer Veränderung in allem, was bisher war)


We’ve been drifting for too long (zu lange haben wir einfach vor uns hingelebt)


We kept pushing until our little worlds fell apart (wir haben so lange weitergemacht, bis unsere kleinen Welten zerbrochen sind)


We tried to save it, but we lost (Wir haben versucht, es zu retten, aber wir sind gescheitert)


Ich politisiere nicht gerne in meinen Texten. Aber das ist auch gar nicht nötig. Wir sehen alle, dass vieles in diesen Tagen im Argen liegt. Unsere Schlagzeilen, aber auch unser Alltag werden von Krieg, Naturkatastrophen, Zerstörung, Hass, Rassismus, Mord- und Totschlag, Mobbing, Depression, Einsamkeit und wachsender Beziehungslosigkeit dominiert. Wir starren aufs Handy, anstatt einander anzuschauen. Wir verbringen unsere Abende mit Serien schauen und Bildschirm scrollen, anstatt wahre Begegnung und Austausch zu suchen.


Die Zustände im Nahen Osten und an so vielen anderen Orten in dieser Welt sind ein Auswuchs von dem Kleinen, was wir tagtäglich leben. Wenn wir einander nicht mehr begegnen, immer wieder die Hand zur Versöhnung und Vergebung ausstrecken und den ersten Schritt auf den anderen zumachen, der uns verletzt oder verärgert hat, dann steuern wir langfristig immer auf das hin, was uns die Schlagzeilen zeigen.


Deshalb bewegt mich auch der einfache, aber so wahre Refrain unseres Songs:


With a little talking (mit ein bisschen reden)


With a little laughter (mit ein bisschen lachen)


We can build, we can share a world (können wir diese Welt bauen und miteinander teilen)


With a little listening (mit ein bisschen zuhören)


With a little bravery (mit ein bisschen Mut)


We can move, we can shake the walls (können wir etwas bewegen und Mauern zum einstürzen bringen)


Wenn ich mich in dieser Negativ-Spirale verfange, die durch alles, was rundherum passiert, ausgelöst wird, frage ich mich oft:


«Was kann ich dieser Welt zurückgeben? Wem kann ich heute Zeit schenken und einfach zuhören? Wen kann ich ermutigen? Wo kann ich meinen Stolz überwinden und einen Schritt auf den anderen zu machen? Wann habe ich das letzte Mal jemandem ein Lächeln geschenkt - im Bus, auf der Strasse? Habe ich den Mut, mich heute für die stark zu machen, die schwach sind oder am Rande einer Gruppe stehen?»


Ich habe mich in der letzten Zeit oft gefragt, was es bewirken würde, wenn wir die Medien für einige Tage nur mit schönen Dingen füllen könnten. Wenn alles andere für ein paar Tage gebannt würde. Und mit «schön» meine ich nicht Glamour und Glanz. Sondern:


• Bilder, die die Schönheit unserer Welt zeigen

• Menschen, die lachen, zusammenstehen, Arm in Arm sind

• Bilder voller Licht, die Hoffnung und Geborgenheit ausstrahlen

• Menschen unterschiedlicher Kulturen und Religionen, die aufeinander zugehen und sich die Hand geben


Es gibt durchaus Menschen, die sich in all dem Negativen für das Gute und Schöne stark machen. Nur werden sie oft übersehen oder zu wenig gehört. Doch letztendlich sind es immer sie, die etwas in der Tiefe bewirken.


Einer der grössten Aufträge der Kirche ist Versöhnung. Das Bild, das viele von ihr haben, ist jedoch das pure Gegenteil. Wenn ich mit Freunden über Glauben, Religion und Kirche rede, dann wird die Stimmung meist angespannt. Dann fallen Begriffe wie «Kreuzzüge», «Missbrauch» und ähnliche Schlagwörter.


Ich habe nicht das Bedürfnis irgendwas davon wegzudiskutieren. Das alles ist Teil der Geschichte (und Gegenwart!) und lässt sich mit nichts rechtfertigen. Auch heute noch passieren tagtäglich Dinge im Namen Gottes, die so gar nichts mit Liebe und Versöhnung zu tun haben. Und bei weitem nicht nur in der christlichen Religion.


Aber ich kenne auch die andere Seite der Kirche. Ich kenne die unzähligen Menschen, die sich im Rahmen der Kirche für das Gute einsetzen. Die einen gewaltigen Dienst an unserer Gesellschaft leisten, der oft übersehen wird. Die sich mit einem grossen Herz für die Randständigen einsetzen. Die jede Woche im Einsatz stehen für unentgeltliche Angebote für Kinder, Jugendliche, Mütter, Seniorinnen und Senioren, Alleinstehende etc. Die kostenlose «Seelsorge» anbieten – die christliche Art von Gesprächs(-therapie) – die so vielen Menschen – unabhängig von ihrem religiösen Hintergrund – Halt und Trost bietet. Die kulturelle Veranstaltungen und Konzerte auf höchstem Niveau organisieren und die Kirche zum Ort der Schönheit und Begegnung lassen werden.


Das macht die Kirchengänger nicht zu besseren Menschen. Ich habe viele Menschen getroffen, die nichts mit Religion und Glauben am Hut haben, aber weitaus «christlicher» leben und sich vorbildlicher verhalten als die, die es «von der Kanzel predigen». Doch ich möchte heute den Fokus auf das Schöne legen. Und dieser Anteil ist mindestens ebenso gross.


Ich bin keine aktive Kirchengängerin (mehr). Ich lebe meine Spiritualität und meinen Glauben im privaten Rahmen. Ich habe nicht das Bedürfnis meine Freundinnen und Freunde zu bekehren, oder sie eines Besseren zu belehren (auch wenn das durchaus mal passieren kann…aber dann hat es mehr mit meinem Drang zum Besserwissen zu tun). Aber ich habe ein grosses Bedürfnis, die Werte hinauszutragen und zu leben, die ich (nicht nur, aber zu einem grossen Teil) durch meine christliche Prägung mitbekommen habe und als den wirklichen Kern der Kirche und des Christentums verstehe:


Hoffnung.

Glaube (an das Gute und Schöne).

Liebe.

Licht.

Zuversicht.

Freude.

Friede.

Demut (im Sinne von «humilitas» = Menschlichkeit)

Vergebung.

Versöhnung.


Ich werde in einigen Wochen einen neuen Song herausbringen (und ja: ich singe wieder 😉). Der Song heisst «LIGHTS». Eigentlich hat er gar nichts mit der Kirche oder mit Glauben zu tun. Aber mit diesen oben genannten Werten, die mir so wichtig.


Dafür brenne ich. Dafür möchte ich in dieser Weihnachtszeit einstehen. Dass es dort, wo es dunkel ist, durch mein Dasein und meine Handlungen etwas heller werden darf.


Ich wünsche uns in diesen Tagen, dass wir – unabhängig von unseren religiösen, politischen oder ideologischen Überzeugungen – diese Werte hinaustragen können. Dass wir an dem Ort, wo wir stehen, das Schöne und Hoffnungsvolle zum Vorschein bringen. Dass wir uns nicht vom Weihnachtsrummel blenden lassen, sondern ein offenes Herz und einen offenen Blick für unser Gegenüber haben.


Move the world.



230 Ansichten1 Kommentar

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Brannte uns nicht das Herz?

Manchmal brennt unser Herz – voller Sehnsucht für das, was wir verloren glauben. Wir denken mit Trauer an vergangene Zeiten zurück und sind unfähig das Neue zu sehen, das sich aus den Trümmern erhebt.

Die "Bucket List"

bottom of page