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AutorenbildLajescha Dubler

POSTCARD – Meine Geschichte

Vor rund drei Jahren stand ich am Fuss eines Berges, der mir unüberwindbar schien. In dieser Zeit träumte eine Freundin von mir.

Dies ist die Geschichte hinter dem Traum – und mein neuester Song dazu: POSTCARD.


I sent you a postcard (ich hatte dir eine Postkarte geschickt)

With me on a hill (wo ich auf einem Berg stand)

You were just dreaming (bei dir war es nur ein Traum)

But I was for real (für mich war es Wirklichkeit)

 

I stood on the top  (ich stand ganz oben)

Of a mountain so high (auf einem unglaublich hohen Berg)

A smile on my face (auf meinem Gesicht ein Lachen)

As bright as the sky (so strahlend wie der Himmel)

 

The postcard I sent you (die Postkarte, die ich dir geschickt hatte)

Had a front side and back (hatte eine Vorder- und Rückseite)

And when you flipped it (wenn man sie umdrehte)

Was a map of the ridge (sah man die Route entlang des Gebirgskamms)

 

I had drawn out for you  (ich hatte meine Route für dich aufgezeichnet)

All the ways I had gone  (den ganzen Weg, den ich gegangen war)

There wasn’t a straight line (es gab keine einzige gerade Linie)

Just all up and down (nur Auf und Ab)

 

When you told me your dream (als du mir von deinem Traum erzähltest)

I had been losing my hope (hatte ich schon beinahe die Hoffnung verloren…)

Climbing that mountain (jemals diesen Berg zu erklimmen)

That was rising in front (der wie eine grosse Wand vor mir in den Himmel ragte)

 

Now the clouds disappeared (aber dann begannen sich die Wolken zu verziehen)

And again I could see (und ich konnte es wieder sehen: )

The cross on the top (das Kreuz auf dem Gipfel)

That was waiting for me (das auf mich wartete)

 

Chorus

 

We climb higher  (wir steigen höher und höher)

And we grow stronger  (und werden dabei immer stärker)

When we look back  (und wenn wir zurückblicken)

We can hardly believe (können wir es kaum glauben)

 

How high we have climbed (wie hoch wir geklettert sind)

How far we have come (wie weit wir gekommen sind)

When we stand on the top (wenn wir schliesslich auf dem Gipfel stehen)

We will never look back  (werden wir nie mehr zurückschauen)

 

Link zum Song: POSTCARD



Der Traum

 

Es war vor rund 3 Jahren, an einem kalten Winterabend. Meine Freundin und ich hatten uns nach dem Abendessen für eine spontane Spazierrunde aufgemacht. Es ging mir nicht gut. Ich fühlte mich hoffnungs- und orientierungslos. So viel war in den vergangenen Monaten passiert, was ich niemals hatte kommen sehen. Die momentane Situation schien aussichtslos, die Zukunft wie ein leeres, unbeschriebenes Blatt Papier.

 

Die fast beiläufige Bemerkung meiner Begleitung «Ich habe kürzlich von dir geträumt», kam völlig unerwartet. Ich blieb wie elektrisiert stehen und sagte: «Ja, … und?!»


"Ich hatte eine Postkarte von dir erhalten..."

 

"Auf der Vorderseite warst du abgebildet. Du standst auf einem hohen Berggipfel, freudestrahlend. Auf der Rückseite der Karte war eine Wanderkarte abgebildet. Du Route, die dich zum Gipfel geführt hatte, war darauf eingezeichnet. Es war eine Zick-Zack-Route, mit völlig unerwarteten Wendungen und Abbiegungen. Aber sie führte zum Ziel.»

 

Ich schaute mein Gegenüber sprachlos an. War sie sich bewusst, was der Traum für eine Bedeutung für mich hatte?

 

Ich stand zu diesem Zeitpunkt genau vor einem solchen Berg. Er schien unüberwindbar. Ich sah den Gipfel in die Wolken ragen und fragte mich, wie ich jemals den Aufstieg schaffen sollte. Das heisst: Den Gipfel konnte ich zu diesem Zeitpunkt gar nicht sehen. Er lag in einem Wolkenmeer verborgen.

 

Ja, ich hatte schon viele Berge bezwungen. Aber ich war nie allein unterwegs gewesen. Ich traute mir gar nicht zu, einen Aufstieg ohne Begleitung zu schaffen. Was, wenn ich dabei abstürzte? Niemand würde es merken. Niemand nach mir suchen. Niemand mich vermissen.   


Meine Freundin wusste, dass ich vor diesem hohen Berg stand. Der Traum war kein Zufall.


Wie man den Mount Everest besteigt


Der Traum liegt unterdessen fast drei Jahre zurück. Ich begann damals, diesen Berg zu besteigen. Langsam und zögerlich, aber mit viel Beharrlichkeit.


Wie besteigt man den Mount Everest? Indem du einen Fuss vor den anderen setzt.

Dieser Satz ist mittlerweile zu einem Mantra geworden, das sich immer wieder bewahrheitet hat.


«Niemand gibt dir eine Wanderkarte für deinen Aufstieg. Du erklimmst einen Berg nach dem anderen. Wenn du oben angekommen bist, wirst du den nächsten in Angriff nehmen.”

(Anais Mitchell). Einen Schritt nach dem anderen.

 

Im Studioalltag reden wir oft von «Wave after Wave». Der Moment auf dem Wellenkamm ist unbeschreiblich. Du hast es geschafft, bist überglücklich. Aber danach gleitest du wieder ins Wellental hinab. Du paddelst, wartest – auf die nächste Welle, die nächste Herausforderung, die es zu meistern gilt.



Alles hat seine Zeit


Wenn das Saatkorn in die Erde fällt und zugedeckt wird, dauert es eine lange Weile, bis etwas an der Oberfläche sichtbar wird. Zuerst muss es in der Dunkelheit aufbrechen. Es «stirbt». Erst durch dieses Aufbrechen wird die Keimung in Gang gesetzt. Tatsächlich gibt es keine Keimung ohne den vorherigen «Tod».

 

Doch dieser «Tod» ist nicht das Ende. Es entsteht ein Keimling, der nach dem Licht strebt – nach oben. Auch wenn rundherum alles dunkel ist, weiss er instinktiv, in welche Richtung er wachsen muss – dem Licht entgegen. Irgendwann durchbricht der Keimling die Erdscholle. Das ist schon an sich ein Wunder: Dieser zarte grüne Halm schafft es, an die Oberfläche zu gelangen. Ab diesem Zeitpunkt ist das Wachstum auch für den Betrachter sichtbar.

 

Doch all dies braucht unglaublich viel Zeit. Ich stelle immer wieder fest, dass ich bei solchen Prozessen fast täglich die Erde aufgrabe, um zu schauen, ob sich schon was getan hat. Und dann sehe ich das kleine kalte Saatkorn, wie es einsam und tot daliegt und über mir bricht die Welt zusammen. Ja, aber wann beginnst du denn endlich zu wachsen??!!

 

Ich habe oft zu wenig Geduld. Mir geht es meist zu langsam. Ich vertraue dem Naturgesetz nicht. Dieser unbeschreiblichen (Grün-)Kraft, die es letztendlich immer nach oben schafft.


Gewisse Dinge muss man einfach lassen.

 

Viele Dinge muss man einfach lassen. Loslassen. Und wenn wir schon fast vergessen haben, dass da etwas unter der Erde liegt, bricht es auf einmal durch.

 

Wenn ich es schaffe, zur Ruhe zu kommen, dann höre ich manchmal diese leise Stimme:


«Schau doch! Siehst du nicht das Neue, das am Entstehen ist? Jetzt wächst es auf, erkennst du es nicht?»

 

Bei einer Bergbesteigung ist es ähnlich. Es bringt nicht viel, ständig nach dem Gipfel Ausschau zu halten oder auf die Uhr zu schauen. Das ist nur frustrierend und entmutigend. Ich besteige den Mount Everest nicht in einem Tag. Aber Schritt für Schritt. Plötzlich stehen wir oben. Völlig unerwartet. Dieser Moment ist jedes Mal unbeschreiblich. Die neue Aussicht entschädigt uns für alle Mühen und Leiden, die hinter uns liegen.  


 

Es gibt immer einen Weg – auch wenn er manchmal ganz schmal ist

 

Jeder von uns hat schon erlebt, dass er sich in einer Sackgasse glaubt: Zurück ist keine Option. Rechts und links tut sich kein Weg auf. Der Weg nach vorne scheint blockiert. Doch die Blockade ist oft nur in unserem Kopf und unserer Seele. Wir haben Angst davor, ins/aufs Wasser zu gehen. Angst davor, einen Schritt ins Unbekannte zu machen. Angst, dass wir untergehen könnten, dass die Kraft nicht reicht zu schwimmen.

Dann setzen wir uns hin und schreien. Manchmal zu Gott – auch wenn wir nicht an ihn glauben. Aber er ist halt der Einzige, von dem wir doch die leise Hoffnung haben, dass er vielleicht zuhört.

 

“Es gibt immer einen Weg – auch wenn er manchmal nur 30cm schmal ist. Diesen Weg können wir gehen.” 

 

Der Satz aus einem Telefongespräch mit meiner Freundin ist hängen geblieben.


Die Frage “Wieso ich?” führt mich keinen Schritt weiter. Die Frage “Was jetzt?” hingegen schon.

Ich kann immer einen Schritt machen, auch wenn er manchmal unfassbar klein erscheint. Einen Schritt nach dem anderen. Aufbrechen, anstatt stillstehen. Langsam ins Wasser gehen, sich vortasten, den Boden unter den Füssen suchen.

 

Wer diese Wahrheit verinnerlicht und schon umgesetzt hat, wird mir zustimmen, dass auf diesem Weg oft das Unglaubliche passiert: Wir gehen nicht unter. Das Wasser teilt sich auf unerwartete Weise und legt einen Weg frei, den wir gehen können.

 

Vielleicht haben wir die Verfolger im Rücken (unsere Ängste, Zweifel, manchmal auch tatsächliche Feinde oder Peiniger). Aber wenn wir den Blick nach vorne gerichtet halten, werden wir sie auf dem Weg abschütteln. Irgendwann haben wir das Wasser durchquert –auch das grösste Meer ist nicht endlos. Irgendwann werden wir unseren Fuss wieder auf trockenen, festen Untergrund stellen können. Irgendwann tut sich neues Land vor uns auf, das wir für uns einnehmen können. Das ist das verheissene Land. Oder eben: Der Gipfel, auf dem sich uns eine nie geahnte, neue Sicht eröffnet.


 

Schau nicht nach unten, schau nicht zurück

 

Schau nicht nach unten! Das ist das Wichtigste bei Höhenangst. Manchmal ist der Weg unglaublich schmal. Aber eigentlich machen wir dort genau das gleiche wie auf einem breiten Weg: Wir gehen Schritt für Schritt.


Immer weiter. Irgendwann erkennt man, dass der Gipfel gar nicht so wichtig ist. Die Frage, wann wir oben ankommen, verliert an Bedeutung. Viel wichtiger ist die Frage, WIE wir diesen Weg gehen.


"Was, wenn...?"

Schauen wir ständig nach unten in den Abgrund und lassen uns von allen Ängsten und «was, wenn» einschüchtern und zurückbinden? Sind wir permanent auf den in der Ferne liegenden Gipfel fixiert? Völlig absorbiert von den Gedanken, wie wir das alles schaffen sollen? Ob der Proviant und das Wasser reichen wird? Ob wir völlig allein den Weg gehen müssen? Getrieben von Worst-Case-Szenarios?


Oft schauen wir auch nur zurück. Schauen wehmütig auf das, was einmal war. Wir klagen uns an, für das was wir «falsch» gemacht oder wo wir versagt haben. Hätte ich doch…. Heute würde ich alles anders machen…


Nichts von alldem bringt uns dem Gipfel, dem Ziel näher. Keine einzige Sorge um unsere Zukunft verlängert unseren Tag auch nur um einen Zentimeter. Sie kostet uns nur Energie und wir verpassen den Augenblick.


«Ich vergesse, was hinter mir ist. Ich strecke mich aus nach dem, was vor mir liegt.» 

Der Gipfel trägt eine Sehnsucht in sich. Dieser Sehnsucht nachzuspüren ist gut. Sie gibt mir Kraft, dranzubleiben und nicht aufzugeben. Das ist ein himmelweiter Unterschied zu «wann bin ich endlich da». Vielmehr ist es eine Neugier, ein sich Sehnen nach dem Unbekannten, das auf mich wartet. Das hält uns lebendig.


Gleichzeitig sollen wir im Hier und Jetzt leben. «Ich bin hier und alles ist jetzt.» (Dr. Edith Eger)


Ich weiss ehrlich gesagt nicht, ob ich schon auf diesem Gipfel angekommen bin, der auf der Postkarte im Traum abgebildet war. Lange Zeit hat mich diese Ungewissheit umgetrieben und deprimiert. Doch ich habe auf dieser Bergbesteigung viel gelernt…


Wenn wir lernen, im Moment zu leben, dann verliert der Gipfel an Bedeutung. Dann beginnen wir den Weg zu geniessen. Dann spüren wir, dass in jedem Schritt nach vorne Leben und Freiheit liegt. Unsere Kraft nimmt stetig zu. Wir erkennen plötzlich:

   

Egal, wie lange der Weg ist. Egal, wohin er mich führt.


Ich werde ankommen.


Link zum Song: POSTCARD


179 Ansichten3 Kommentare

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3 Comments


Guest
Jul 09

Herzlichen Dank für deine Worte. 😀

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Guest
Jul 09

Danke für diesen wunderschönen und berührenden Text. ❤️❤️❤️

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Guest
Jul 09

Oh Lajescha, was für ein berührender Text, wie schön, dich auf dem Weg zu sehen. Danke fürs teilen🙏Da wird sich manch einer wieder erkennen…

Jetzt fährt dein neuer Song grad noch etwas anders ein🤩♥️

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